„Dislike“ für Facebook: Bundeskartellamt rüffelt Facebook für Datenerhebung
13 Jahre ist es her, seit Facebook im Jahr 2004 online ging – ja, so lang ist das schon her! Was folgte, war zwar eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, die aber von Anfang an auch von Skepsis begleitet war. Schon kurz nach dem Start geriet Facebook aufgrund von Datenmissbrauchsvorwürfen in die öffentliche Kritik. Der vom Börsengang im Mai 2012 erhoffte Erfolg blieb zunächst bekanntermaßen aus – stattdessen hagelte es Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe. Das jüngste Kapitel des von vielen Schlagzeilen begleiteten Marktauftritts wird nun in Bonn verfasst: Denn dort sitzt das Bundeskartellamt (BKartA), und das hat angekündigt, die Datensammel-Praxis von Facebook als Marktmachtmissbrauch einstufen zu wollen. Bereits am 2.3.2016 hatte die deutsche Wettbewerbsbehörde die Eröffnung eines Marktmissbrauchsverfahrens aufgrund von Datenschutzverstößen mitgeteilt. Die Ermittlungen richteten sich gegen Facebook Inc., USA, das irische Tochterunternehmen und die Facebook Germany GmbH in Hamburg. Auch gegen ausländische Unternehmen ist das deutsche Kartellrecht ein scharfes Schwert, da es für die Anwendbarkeit der deutschen Missbrauchsaufsichtsbestimmungen lediglich darauf ankommt, wo sich ein konkretes wettbewerbsrelevantes Verhalten auswirkt – und nicht etwa auf einen inländischen Unternehmenssitz.
Nun ist das BKartA zu der Ansicht gelangt, dass Facebook auf dem deutschen Social-Media-Markt eine beherrschende Stellung einnimmt und sich missbräuchlich verhält, indem es die Nutzung eines Facebook-Accounts mit der Bedingung verknüpft, sämtliche verfügbaren Nutzerdaten aus externen Quellen mit dem Facebook-Account zu verknüpfen (die Pressemitteilung finden Sie hier, zu Hintergrundinformationen zum Verfahren des BKartA gelangen Sie hier). Facebook könne, so die Behörde, nicht nur über konzernzugehörige Dienste wie WhatsApp und Instagram persönliche Daten der inzwischen fast 2 Milliarden (!) aktiven Nutzer einholen, sondern auch über Schnittstellen in anderen Diensten und Webseiten. Andreas Mundt, Präsident des BKartA, erklärte dazu in einer Pressemitteilung: „Wir sehen vor allem die Datensammlung außerhalb des sozialen Netzwerks von Facebook und ihre Zusammenführung mit dem Facebook-Konto als problematisch an. Mithilfe von Schnittstellen fließen auch dann Daten an Facebook und werden dort gesammelt und verwertet, wenn man andere Internetseiten besucht. Dies geschieht sogar schon, wenn man z.B. einen „Gefällt Mir-Button“ gar nicht nutzt, aber eine entsprechende Seite aufgerufen hat, in die ein solcher Button eingebettet ist“.
Zwar dürfte hier und da die Frage aufkommen, weshalb sich das BKartA der Causa Facebook annimmt und nicht etwa die Bundesbeauftragte für Datenschutz. Sobald jedoch der Zugang zu Daten für die Marktstellung eines Unternehmens den Ausschlag gibt, handelt es sich auch um ein wettbewerbsrelevantes Verhalten, welches das BKartA auf mögliche datenschutzrechtliche Verstöße zu überprüfen hat. Diese Aufgabenteilung wird seit kurzer Zeit gestützt von § 18 Abs. 3a GWB, der durch die 9. GWB-Novelle eingefügt worden ist (wir berichteten). Wenn sich ein marktbeherrschendes Unternehmen wie Facebook für die Verwendung seiner Dienste von den Nutzern umfassende Befugnisse zur Verarbeitung personenbezogener Daten verschafft, kann es sich um einen Fall des sog. Konditionenmissbrauchs handeln. Für Facebook dürfte das laufende Kartellverfahren angesichts der vorläufigen Einschätzung des BKartA im Ergebnis darauf hinauslaufen, dass die Nutzungsbedingungen an datenschutzrechtliche Bestimmungen angepasst werden müssen.
Andernfalls gibt es nämlich nicht nur ein „Dislike“ vom BKartA, sondern droht neben einer Untersagungsanordnung im laufenden Missbrauchsverfahren auf der Rechtsfolgenseite im Wiederholungsfalle zusätzlich auch noch ein Bußgeldverfahren. Mit einer abschließenden Entscheidung in der Sache ist nach Angaben des BKartA nicht vor Sommer 2018 zu rechnen.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Holger Hoch/Dr. Anna Lesinska-Adamson