Wenn’s um die Milch geht: Aktueller Sachstandsbericht zum Verfahren des BKartA bzgl. der Lieferbedingungen für Rohmilch 

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Im letzten Jahr hatte das Bundeskartellamt (BKartA) ein Verfahren zu den Bedingungen auf dem Milchmarkt eingeleitet. Nicht der Verbraucher stand dabei im Fokus, sondern die Molkereien und ihre Lieferbeziehungen zu den Erzeugern. Bereits Anfang 2012 stellte das BKartA im Zuge seiner damaligen Sektoruntersuchung Defizite – vor allem bei den Lieferbedingungen und der Bepreisung – fest. Jetzt hat BKartA-Präsident Andreas Mundt in einem Sachstandsbericht den Stand der aktuellen Ermittlungen zu den Lieferbedingungen bekannt gegeben: Lange Vertragslaufzeiten und Exklusivitätsklauseln, so der Befund, schränken Landwirte ein und erschweren neuen Molkereien den Markteintritt.

Das Sachstandspapier dient ausdrücklich nicht dazu, einen Kartellverstoß festzustellen. Es identifiziert jedoch als vorläufiges Ermittlungsergebnis im Wesentlichen vier problematische Punkte, die zu einer „nachhaltigen Beruhigung des Wettbewerbsgeschehens“ führten:

  • die Alleinbelieferungspflicht für Molkereien,
  • die langen Kündigungsfristen der Lieferverträge und
  • die nachträgliche Preisfestsetzung für Rohmilchlieferungen,
  • bestimmte Marktinformationssysteme.

Um diesen Missständen zu begegnen, schlägt die Kartellbehörde verschiedene wettbewerbsfördernde Maßnahmen vor. Zwar betont das BKartA selbst, dass seine Überlegungen, wie die Lieferbeziehungen in der Milchwirtschaft alternativ ausgestaltet werden können, noch am Anfang stehen und insbesondere noch keine gezielten Ermittlungen zu diesem Themenkomplex durchgeführt wurden. Dennoch sieht die Behörde aufgrund der Gespräche mit Marktteilnehmern und der – durch die bisherigen Untersuchungen – gewonnenen Marktkenntnisse schon jetzt in einigen Punkten Verbesserungs- und Gesprächsbedarf. Diese betreffen:

  • das Erfordernis kurzer Kündigungsfristen für die Lieferverhältnisse,
  • die stärkere Entkopplung von Lieferverhältnis und Genossenschaftsmitgliedschaft,
  • eine stärkere Beachtung der vielfältigen Interessenlagen,
  • den Wunsch nach einer Festlegung der Preise vor Lieferung (auch in Gestalt von Festpreisvereinbarungen),
  • die Vereinbarung fester Liefermengen bei nach Möglichkeit verbleibender Möglichkeit der Mengensteuerung durch die Molkereien und
  • die Absicherung durch Erzeugerorganisationen.

Das Sachstandspapier sieht das BKartA (lediglich) als Diskussionsgrundlage. Mögliche Alternativen sollen jetzt mit der Branche und der Politik zusammen erörtert werden. Zeitgleich soll das gegen die größte deutsche Molkerei geführte Pilotverfahren vorangetrieben werden.

Während der kartellbehördliche Vorstoß auf Seiten der Bauern begrüßt wird, stößt er bei Molkereien auf erheblichen Widerstand. Aus Branchenkreisen werden die Bestrebungen des BKartA bisweilen gar als „Angriff auf das Raiffeisen- und Genossenschaftswesen in Deutschland insgesamt“ gesehen. Der Vorwurf lautet vor allem, dass die vom BKartA vorgeschlagenen Änderungen an den historisch gewachsenen Genossenschaftsstrukturen und den tatsächlichen Erfordernissen vorbeigingen.

Gesprächsbedarf mit der Branche, die erst 2015 mit dem Ende der Milchquoten einen massiven wettbewerblichen Umbruch verkraften musste und ohnehin kaum zur Ruhe kommt, gibt es also allemal. Und es sieht nicht gerade nach trauter Einigkeit aus. Im Gegenteil: Die „Milch macht’s“ auch in diesem Jahr weiter spannend.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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