Wir stellen vor: Das 8. Sektorgutachten Energie

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Die Monopolkommission hat am 1.9.2021 ihr 8. Sektorgutachten Energie „Wettbewerbschancen bei Strombörsen, E-Ladesäulen und Wasserstoff nutzen“ veröffentlicht. Im Vergleich zur letzten Untersuchung der Monopolkommission (wir berichteten) sind neben einigen Dauerbrennern wie der Stromerzeugung und dem Ladesäulenausbau mit dem Wettbewerb der Strombörsen und der Regulierung der Wasserstoffnetze neue Themen hinzugekommen.

Stromerzeugung – RWE bleibt Nummer 1

Im Bereich der Stromerzeugung bestätigt die Monopolkommission im Kern die in der kartellbehördlichen Praxis gängige Abgrenzung eines Marktes für den erstmaligen (physischen) Absatz von Strom. Laut Gutachten ist die Konzentration im Strommarkt im Vergleich zu 2011 zwar deutlich gesunken, aber speziell der Einfluss des größten Anbieters RWE zeigte zuletzt wieder steigende Tendenz. Das hatte schon das Bundeskartellamt im Rahmen seiner Marktmachtberichte festgestellt (wir berichteten hier und hier).

Für die Ermittlung von Marktmacht orientierte sich die Monopolkommission an Berechnungen des Bundeskartellamtes und untersuchte, in wie vielen Stunden im Jahr ein Unternehmen pivotal, d.h. zur Deckung der Gesamtnachfrage unverzichtbar, ist und damit eine marktbeherrschende Stellung innehat. Der hierfür genutzte sogenannte Resdiual Supply Index (RSI) stellt für jede Viertelstunde eines Jahres das Verhältnis der Kapazität einzelner Stromerzeuger zur Gesamtmarktkapazität und der Marktnachfrage dar. Zur Ermittlung wird dabei auf die Bewegungsdaten zurückgegriffen, die Stromerzeuger nach dem Energieinformationsgesetz (sog. EIN-Daten) melden müssen.

Den RSI hält die Monopolkommission für ein grundsätzlich sehr geeignetes Maß, um Marktkonzentrationen zu bestimmen. Sie kritisiert jedoch, dass das Bundeskartellamt eine jahreszeitliche Betrachtung vornimmt und nicht nach Produktionszeiträumen auf Viertelstundenbasis abgrenzt. Daneben pflichtet sie der Kritik von Marktteilnehmern bei, dass die Berechnung des RSI intransparent erfolgt, da die EIN-Daten nicht öffentlich einsehbar sind. Die Monopolkommission schlägt daher vor, auf EIN-Daten nur zurückzugreifen, wenn diese öffentlich einsehbar sind. Andernfalls sei auf öffentlich einsehbare Daten (zur Marktkapazität über die EEX-Transparenzplattform und zur Marktnachfrage auf Daten der ENTSO-E Transparenzplattform) abzustellen.

EPEX SPOT: Handelsbücher bis zum Ende des Handelszeitraums teilen

Die verschiedenen Strombörsen teilen ihre Handelsbücher untereinander fast den gesamten Handelszeitraum. So können Anbieter und Nachfrager von Strom, die auf unterschiedlichen Börsen tätig sind, miteinander handeln. Die in der Gebotszone Deutschland-Luxemburg für den Intraday-Markt etablierte Strombörse EPEX-SPOT teilt ihre Handelsbücher 60 Minuten vor Lieferung nicht mehr, obwohl noch bis 5 Minuten vor Lieferung weiter gehandelt werden kann. Gerade in diesem Zeitraum sei es aber – so die Monopolkommission – durch die schwankende Einspeisung erneuerbarer Energien für Händler relevant, dass ausreichend Anbieter und Abnehmer von Strom zusammenkommen.

Die Monopolkommission sieht darin eine Beschränkung des Wettbewerbs sowie einen Verstoß gegen Art. 59 Abs. 4 und 5 S. 2 der sogenannten Capacity Allocation and Congestion Management (CACM-Verordnung) und Art. 7 Abs. 1 der Elektrizitätsbinnenmarktverordnung, aus denen sich eine Pflicht zum Teilen der Handelsbücher über den gesamten Zeitraum des Intraday-Handels ergibt. Sie begrüßt daher den von der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) vorgelegten Entwurf für eine Überarbeitung der aktuell gültigen CACM-Verordnung, der die Pflicht zum Teilen der Handelsbücher weiter konkretisiert.

Förderung des Ladesäulenausbaus nur bei Erhalt des Wettbewerbs

Die Monopolkommission hat bei Ihrer Analyse der aktuellen Marktsituation festgestellt, dass insbesondere der Ladesäulenanteil des größten Betreibers von Ladepunkten in über 50 % der deutschen Landkreise Marktanteile von über 40 % aufweist. Gleichzeitig können sich Kunden mangels Transparenz nicht über Preise und lokale Alternativangebote informieren. Da der Erfolg der Elektromobilität auch von günstigen Ladepreisen abhängt, fordert sie eine gesetzliche Meldepflicht für Ad-Hoc-Preise, die bei einer „Zentralen Stelle“ hinterlegt werden, welche die Preise dann an Verbraucherportale weiterleiten soll. Daneben regt sie an, die Förderprogramme zum Ausbau der Ladeinfrastruktur so auszugestalten, dass diese den Wettbewerb fördern.

Die Monopolkommission appelliert an die kommende Bundesregierung, die Förderrichtlinie so umzusetzen, dass wettbewerbliche Belange berücksichtigt werden. Konkret schlägt sie vor, dass sich die Höhe des Fördersatzes am jeweiligen Marktanteil orientiert. Zudem soll ein Mindestbetrieb von 6 Jahren verpflichtend zugesagt werden müssen, um einer Umgehung der Fördervoraussetzungen durch Abgabe der Ladesäule nach Fertigstellung entgegenzuwirken.

Fehler beim Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur vermeiden

Über die notwendigen Rahmenbedingungen für den Markthochlauf von Wasserstoff sowie die neue, dies nur unzureichend umzusetzende (Übergangs-)Regulierung von Wasserstoffnetzen, hatten wir bereits berichtet.

Die Monopolkommission kommt in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, dass diese Übergangsregulierung nicht flexibel genug sei, um auf die zu erwartende dynamische Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft angemessen reagieren zu können. Daher empfiehlt sie, dass die Bundesnetzagentur die Marktverhältnisse regelmäßig analysieren soll, um Wettbewerbsproblemen frühzeitig begegnen zu können.

Zur Finanzierung der Wasserstoffnetze hält die Monopolkommission die aktuelle Regelung in § 28k EnWG für angemessen und rät von einem gemeinsamen Netzentgelt für die Nutzung von Wasserstoff- und Erdgasnetz ab. Obwohl der Markthochlauf von Wasserstoff unter den bestehenden Rahmenbedingungen gerade auf der Infrastrukturseite sehr schleppend verläuft, meint die Monopolkommission, nur eine Bepreisung nach dem Verursacherprinzip gewährleiste eine effiziente Investition in die Netzinfrastruktur, wohingegen durch ein gemeinsames Netzentgelt der Anreiz sinke, auf alternative Energieträger umzusteigen.

Umsetzung durch die Politik?

Wie stets verknüpft die Monopolkommission ihre Analysen mit klaren Forderungen an die (zukünftige) Politik. Auch wenn der diesjährige Bericht der Monopolkommission einige Wochen früher als sonst erscheint, sind vor der Bundestagswahl am 26.9.2021 sicherlich keine Bemühungen mehr zu erwarten, die Anregungen umzusetzen.

Spannend bleibt zudem, inwieweit das neue Parlament und die neue Regierung die Handlungsempfehlungen dann überhaupt berücksichtigen und ggf. umsetzen werden. Denn während einerseits die Monopolkommission von der Politik zum Teil regulatorische Maßnahmen fordert, hat der Europäischen Gerichtshof diese Kompetenz der Rechtsetzung im Bereich der Regulierung gerade erst stark eingeschränkt.

Auch inhaltlich sind die politischen Forderungen der Monopolkommission natürlich durchaus diskussionswürdig. Gerade was das Thema Wasserstoff betrifft, ist unklar, wie sich die politischen Vorstellungen der Monopolkommission mit den Plänen der Europäischen Kommission zum Ausbau der Wasserstoffnutzung im Fit for 55 Paket überhaupt in Einklang bringen lassen.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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