Der ermäßigte Umsatzsteuersatz in der Wasserversorgung und seine Tücken

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Für die Lieferung von Wasser gilt grundsätzlich der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 Prozent. Wie meist, so steckt jedoch auch hier der Teufel im Detail. In der jüngeren Vergangenheit ist uns vermehrt aufgefallen, dass es innerhalb der Branche bei manchen Einzelheiten nach wie vor Unsicherheiten gibt, und zwar sowohl zur Umsatzsteuerbarkeit und auch im Hinblick auf den richtigen Steuersatz in bestimmten Fallkonstellationen der Wasserversorgung.

Dazu ein Beispiel: Auf Basis der Rechtsprechung (Urt. v. 8.10.2008, Az. V R 61/03 und V R 27/06) des Bundesfinanzhofs (BFH) und Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) (Urt. v. 3.4.2008, C-442/05) ist allgemein anerkannt, dass auch das Legen eines Hausanschlusses als Teil der Lieferung von Wasser dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Aus Sicht der Finanzverwaltung gilt dies allerdings nur dann, wenn der Ersteller des Hausanschlusses gleichzeitig auch der Wasserversorger des Kunden ist. Leistungen, die ein Dritter gegenüber dem Kunden des Wasserversorgungsunternehmens erbringt und abrechnet (z.B. Erstellung Hausanschluss), unterfallen demnach nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht dies wiederum anders: Laut dessen Rechtsprechung (Urt. v. 18.4.2012, Az. VIII ZR 253/11) ist der ermäßigte Steuersatz auch auf diese Leistungen anzuwenden, wenn der Leitungsersteller nicht der Wasserversorger des Anschlussnehmers ist.

Das Bundesfinanzministerium hat in seinem Erlass aus dem Jahre 2009 unter Beachtung der Rechtsprechung weitere Sachverhalte benannt (Schreiben v. 7.4.2009, IV B 8-S 7100/07/10024), die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen sollen. Dazu gehören auch Reparatur-, Wartungs- und ähnliche Leistungen an den Hausanschlüssen durch den Wasserversorger.

Nicht abschließend geklärt sind jedoch insbesondere folgende Einzelfragen:

  • Ist die Sperrung der Wasserversorgung eine umsatzsteuerbare Leistung?
  • Wie ist die Wiederaufnahme der Wasserversorgung einzuordnen?
  • Welchem Steuersatz unterfällt die Löschwasserbereitstellung für Kunden?

Diese Fragen betreffen das Kundenverhältnis. Es gibt aber ähnliche Schwierigkeiten im Verhältnis des Wasserversorgungsunternehmens zur Kommune: Fällt auf die Konzessionsabgabe Umsatzsteuer an? Wie ist die unentgeltliche Löschwasservorhaltung gegenüber der Kommune umsatzsteuerlich einzuordnen? Was geschieht bei der Weiterleitung von Zuschüssen/Fördermitteln?

Zu beachten ist auch, dass in einer Vielzahl von Fällen zum 1.1.2017 die umsatzsteuerliche Organschaft zwischen (Wasser-)Versorgungsunternehmen und Netzgesellschaft aufgehoben wurde und somit nicht mehr ein (einheitlicher) umsatzsteuerlicher Unternehmer vorliegt. Auch hier sollte geprüft werden, wer die konkreten Leistungen an den Trinkwasserkunden erbringt.

Die Unsicherheit, die hieraus entsteht, wird verstärkt dadurch, das wie beschrieben Finanzgerichtsbarkeit, Finanzverwaltung und Zivilgerichte nicht immer einer Meinung sind.

Ansprechpartner: Daniel Schiebold/Beate Kramer

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