Was die Monopolkommission zu Strom und Gas fordert
Alle zwei Jahre untersucht die Monopolkommission, wie sich der Wettbewerb auf den deutschen Strom- und Gasmärkten entwickelt hat, und erarbeitet auf dieser Grundlage wettbewerbspolitische Handlungsempfehlungen. Zuletzt hatte sich das Gremium 2015 mit den Energiemärkten auseinandergesetzt und dabei vor allem das damals entstehende Strommarktgesetz erheblich kritisiert (wir berichteten).
In ihrem aktuellen Gutachten vom 6.10.2017 mit dem durchaus provokanten Titel „Gezielt vorgehen, Stückwerk vermeiden“ geht die Monopolkommission wieder eingehend und mit teils streitbaren Positionen auf den Energiemarkt ein. Im Fokus stehen dabei der Wettbewerb im Energiegroßhandel, die Förderung Erneuerbarer Energien sowie die Ausschreibung und die Entgeltregulierung der Energieversorgungsnetze. In der anstehenden Legislaturperiode wird der Gesetzgeber gut zu tun haben, den rechtlichen Rahmen konsequent auszurichten und zu harmonisieren, so das Ergebnis der Begutachtung.
Was die Kommission im Einzelnen vorschlägt, werden wir in den kommenden Tagen in einer Reihe von Blogposts verdeutlichen. Hier einstweilen schon einmal ein Überblick über die wichtigsten Stichworte:
Im Bereich des Energiegroßhandels sieht sie derzeit keine erheblichen Probleme mit der Marktmacht. In absehbarer Zeit werde sich das strukturell ändern, wobei neu ausgelotet werden muss, was unter Marktmacht zu verstehen ist. Zum einen spalten einzelne Großversorger Teile des Unternehmens ab oder ordnen diese neu. Andererseits können auch kleinere Akteure durch kurzfristige Nachfragen und beschränkte Erzeugungskapazität zeitweise sehr viel Macht auf sich versammeln.
Nachholbedarf sieht die Monopolkommission bei den Aufsichtsbehörden. Das Bundeskartellamt (BKartA) und die Bundesnetzagentur (BNetzA) müssen eindeutige Kriterien herausarbeiten, welche Preisaufschläge den Energieversorgern erlaubt sind und welche nicht. Das schaffe Transparenz und Rechtssicherheit bei der Missbrauchsaufsicht und Marktmanipulation. Entsprechende Regelungen sollten in dem 2015 angekündigten gemeinsamen Leitfaden (wir berichteten) zeitnah veröffentlicht werden.
Im Bereich der Kapazitätsreserve spricht sich die Monopolkommission weiterhin dafür aus, diese auf zehn Jahre zu befristen und die Berechnung des Wertes für Versorgungssicherheit (Value of Lost Load) nachzuholen, um die beihilferechtliche Prüfung der Europäischen Kommission zu bestehen, die seit April 2017 eröffnet ist.
Auch bei der Umsetzung der Energiewende sieht die Monopolkommission Handlungsbedarf. Das betrifft den Emissionshandel und die Förderung Erneuerbarer Energien.
Beim Emissionshandel empfiehlt sie weitere Sektoren in den Zertifikatehandel mit einzubeziehen, um den Überschuss an Zertifikaten abzubauen. Das europäische Emissionshandelssystem EU-ETS sei ein starkes Lenkungsinstrument und könne Emissionen dort vermeiden, wo es die geringsten Kosten verursacht. Die Überkapazitäten führen derzeit lediglich zu einer Verlagerung der Emissionen.
Die Förderung Erneuerbarer Energie will die Monopolkommission langfristig auslaufen lassen und setzt stattdessen auf einen sektorübergreifenden einheitlichen CO2-Preis. Die EEG-Umlage verzerre den Strompreis und bremse die Sektorkopplung aus. Gleiches gelte für die Stromsteuer.
Im Bereich der Ausschreibung von Erneuerbaren Energien fordert die Monopolkommission die Umstellung auf ein technologieneutrales Ausschreibungssystem. Nur so lasse sich das kosteneffizienteste Verhältnis an installierter Leistung und Technologie identifizieren.
Beim Ausbau der Anlagen müssten zudem Netzausbau- und Engpassmanagementkosten stärker berücksichtigt werden. So sollten Erzeuger für Erneuerbare-Energien-Anlagen, für die das Netz ausgebaut werden muss, ein spezielles Entgelt an die Netzbetreiber zahlen (Erneuerbare-Energien-Regionalkomponente). Das verteile die netzseitigen Kosten verursachungsgerecht und schaffe Anreize, das Netz verbrauchsnah und nicht mehr als nötig auszubauen.
Bei der Konzessionsvergabe für Verteilnetze durch Kommunen fordert die Monopolkommission eine stärkere Ausrichtung an Kosteneffizienz. Sie empfiehlt, den Wettbewerb über einen Abschlag auf das zu erwartende Netznutzungsentgelt („Netzdividende“) zu steuern. Damit erhält der Bewerber die Konzession, der das Netz am effizientesten betreiben kann. Das aktuelle Ausschreibungssystem stiftet aus Sicht der Monopolkommission kaum zusätzliche Effizienz und weist Mängel im Verfahren auf.
Im Bereich der Netzentgeltregulierung plädiert die Monopolkommission dafür, Effizienzanreize zu stärken. In der Novelle der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) für die Verteilernetzebene stehe im Vordergrund, ausreichende Investitionen sicherzustellen. Das bevorzuge systematisch kapitalintensive Investitionen gegenüber betriebskostenintensiven Maßnahmen und führe zu Ineffizienzen.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau/Dr. Tigran Heymann